via IWW Bremen
Am 1. Januar 2015 ist es soweit: Der gesetzliche Mindestlohn von 8,50
Euro kommt. Es gibt viele Ausnahmen extra für Zeitungszusteller/innen,
Menschen unter 18 Jahren, Azubis, ausbildungsbegleitende Praktika und
für Langzeitarbeitslose.
Der DGB sieht im Mindestlohn eine wichtige Komponente für fairen Lohn
und gute Arbeit. Die Bundesregierung sieht die Würde in der Arbeit
wiederhergestellt.
An der betrieblichen Ausbeutung wird der Mindestlohn nichts ändern. Die
Unternehmen planen umfangreiche Maßnahmen sich schadlos zu halten, so
etwa die Einstellung von billigen Auszubildenden oder die Ausweitung von
unbezahlten Überstunden. Wehren müssen wir uns selbst – es hilft kein
Gesetz.
Nachgerechnet:
8,50 Euro brutto pro Stunde bei einer 35-Stunden-Woche führen zu einem
Bruttoeinkommen von 1279 Euro monatlich. Bei Steuerklasse I, einer
Alleinstehenden, kommen ca. 965 Euro netto dabei heraus. Mit
Steuerklasse III beträgt die Auszahlsumme 1020 Euro.
In beiden Fällen ist der Bezug von ergänzendem Hartz IV möglich.
Alleinstehend:
Nach der Bereinigung des Nettolohns um die Werbungskostenpauschalen
(Fahrtkosten, etc.) verbleibt ein bereinigtes Einkommen von 665 Euro.
Der Hartz IV-Satz, bei unterstellten Wohnungskosten von 400 Euro
monatlich, beträgt insgesamt mindestens 799 Euro. Da kein
Wohngeldanspruch besteht, müsste das Jobcenter mit mindestens 13 Euro
monatlich aufstocken.
Verheiratet, keine Kinder:
Nach der Bereinigung des Nettolohhns von 1020 Euro verbleibt ein
bereinigtes Einkommen von 720 Euro. Unterstellt, die Miete beträgt warm
500 Euro, so ergibt sich ein Hartz IV-Bedarf von insgesamt 1220 Euro
(720 Euro (Regelleistungen 2×360 Euro) plus 500 Euro Miete ). Dem steht
das bereinigte Einkommen von 720 Euro gegenüber.
Das Jobcenter müsste folglich einen monatlichen Zuschuss von 500 Euro zahlen.
Verheiratet, 1 Kind (10 Jahre):
Nach der Bereinigung des Nettolohns von 1020 Euro verbleibt ein
bereinigtes Einkommen von 713 Euro. Unterstellt, die Miete beträgt warm
600 Euro, ergibt sich ein Hartz IV-Bedarf von insgesamt 1585 Euro
(Regelleistungen 2×360 + 265 = 945 plus Miete 600 Euro). Dem stehen das
bereinigte Einkommen von 713 Euro und das Kindergeld von 184 Euro,
zusammen 897 Euro, gegenüber.
Das Jobcenter müsste folglich einen monatlichen Zuschuss von 688 Euro zahlen.
An diesen Beispielen ist ersichtlich: Der gesetzliche Mindestlohn
schützt nicht vor dem Anspruch auf Hartz IV und zum Leben reicht er
schon gar nicht. Um uns vor Ausbeutung und Willkür in den Betrieben zu
schützen, müssen wir uns selber wehren.
Ein weiterer Artikel der IWW Rostock zum gleichen Thema: Der Mindestlohn: Fluch und Segen zugleich